Ein Mann mit dem Fatigue-Syndrom lässt sich von einer Rechtsanwältin beraten

Chronisches Fatigue-Syndrom und Berufsunfähigkeit: Ihre Leistungsansprüche  

Das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine ernste neuroimmunologische Erkrankung, die sich durch anhaltende, nicht durch Erholung zu beseitigende Erschöpfung, postexertional malaise (PEM) – eine Zustandsverschlechterung nach geringer Belastung – sowie orthostatische Intoleranz, Muskel- und Gliederschmerzen, kognitive Störungen („Brain Fog“) und immunologische Symptome auszeichnet. Betroffene können durch einfache Tätigkeiten wie Zähneputzen oder das Umdrehen im Bett einen erneuten Erschöpfungsschub erleben. Die Diagnose wird oft zum Ausschluss anderer Krankheiten gestellt. Ein „sicherer“ Labornachweis existiert nicht – entscheidend ist, ob die Funktionsstörungen eine Erwerbstätigkeit unmöglich machen. 

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Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung – juristischer Rahmen 

In der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) reicht es für einen Leistungsanspruch aus, wenn Sie voraussichtlich dauernd außerstande sind, Ihren zuletzt ausgeübten Beruf zu mehr als 50 % auszuüben. Dies unterscheidet sich von der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente, bei der erst dann gezahlt wird, wenn Sie nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten können. Für ME/ CFS‑Betroffene ist die private BU daher die vorrangige Absicherung. Versicherer versuchen häufig, die Diagnose anzugreifen. Die Rechtsprechung betont jedoch, dass kein hundertprozentiger wissenschaftlicher Nachweis erforderlich ist; vielmehr reicht ein praktisch lebensnaher Grad an Gewissheit. Selbst wenn keine objektiven Laborwerte vorhanden sind, können neuropsychologische Tests und glaubhafte Schilderungen die Leistungspflicht belegen.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung

In einem viel beachteten Fall (Az. 20 U 371/22, 13.09.2023) erkannte das Oberlandesgericht Hamm die Berufsunfähigkeit einer Gymnasiallehrerin an. Sie litt unter ME/CFS und konnte aufgrund schwerer kognitiver Störungen wie reduzierter Kurzzeit und Arbeitsgedächtnisleistung keinen Unterricht mehr halten. Neuropsychologische Tests zeigten gravierende Defizite; die Klägerin konnte nicht einmal eine einzelne Schulstunde konzentriert abhalten. Das Gericht stellte klar, dass ein mathematisch exakt nachweisbares Krankheitsbild nicht erforderlich ist; ein für das tägliche Leben ausreichender Grad an Gewissheit genügt. Zudem gibt es keine Pflicht, nicht konkret benannte Therapien durchzuführen; der Versicherer kann Leistungen nicht mit dem Argument verweigern, es bestünden unversuchte Behandlungsmöglichkeiten. Ferner wies das OLG den Versicherer darauf hin, dass dieser die Leistungsprüfung zügig vornehmen muss; Verzögerungen führen zur Verzinsung der nachzuzahlenden Renten.

Dieser Fall zeigt: Eine korrekte Anspruchsdurchsetzung ist möglich, wenn die Erkrankung plausibel dokumentiert und die Auswirkungen auf den konkreten Beruf nachvollziehbar beschrieben werden. 

Typische Konfliktpunkte mit Versicherern 

  • Diese Debatte um die Diagnose: Versicherer bestreiten häufig die Existenz von ME/CFS oder behaupten, die Diagnose sei nicht gesichert. Fachanwälte warnen: Lassen Sie sich nicht auf diese Debatte ein – maßgeblich ist, ob die funktionellen Einschränkungen den Beruf zu mehr als 50 % unmöglich machen. 
  • Krankheitswert von Long COVID: Nach viralen Infekten – etwa SARS-CoV-2 – entwickeln viele Betroffene postinfektiöse Erschöpfung. Studien zeigen, dass bis zu 63 % der hospitalisierten COVID-19-Patienten sechs Monate nach Entlassung über starke Fatigue berichten. Auch diese Post-COVID-Erkrankungen können eine Berufsunfähigkeit begründen. 
  • Verweisung auf andere Tätigkeiten: Versicherer versuchen, Versicherte auf vermeintlich leichtere Berufe zu verweisen. Die Rechtsprechung verlangt jedoch, dass die Vergleichstätigkeit hinsichtlich Einkommenshöhe, Status und Qualifikation vergleichbar sein muss.
  • Beweispflicht: Weil objektive Marker fehlen, sind detaillierte ärztliche Berichte und neuropsychologische Tests entscheidend. Das OLG Hamm stützte sich auf standardisierte Tests, die die kognitive Leistungsfähigkeit der Klägerin darstellten. 

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So sichern Sie Ihre Leistungsansprüche 

  • Symptome dokumentieren: Führen Sie ein Symptomtagebuch. Beschreiben Sie PEM-Schübe, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, orthostatische Beschwerden und wie diese Ihre beruflichen Aufgaben beeinträchtigen. Schildern Sie, welche Tätigkeiten nicht mehr möglich sind (z. B. Unterrichtsvorbereitung, längere Bildschirmarbeit). 
  • Detaillierte Berufsschilderung: Legen Sie dar, welche Kernaufgaben Ihr Beruf umfasst und welche physisch oder kognitiv belastenden Tätigkeiten erforderlich sind. In der BU-Versicherung kommt es auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit an; eine präzise Tätigkeitsbeschreibung verhindert eine unzulässige Verweisung. 
  • Ärztliche Beweise: Bitten Sie Ihre Ärzte, nicht nur die Diagnose, sondern vor allem die funktionellen Einschränkungen zu bescheinigen. Neuropsychologische Tests sowie Untersuchungen zu Orthostase, Kreislauf und Immunmarkern können hilfreich sein, auch wenn sie keinen absoluten Beweis liefern. 
  • Teilnahme an Versicherungsgutachten: Auch wenn Sie dem Sachverständigen der Versicherung skeptisch gegenüberstehen, sollten Sie an den Untersuchungen teilnehmen. Fachanwälte raten, das Gutachten später von einem unabhängigen Experten prüfen zu lassen; die Ergebnisse des Versicherers sind nur Parteivorbringen. Eine Verweigerung kann zum Verlust der Leistungen führen. 
  • Sofort rechtliche Unterstützung suchen: Verfahren wegen CFS sind komplex. Spezialisierte Anwälte wissen, welche Gerichte über entsprechende Erfahrung verfügen und wie Beweise zu erbringen sind. Zudem vermeiden sie strategische Fehler wie ungewollte Verweise oder das Versäumen wichtiger Fristen. 
  • Keine überzogenen Therapieforderungen akzeptieren: Nach dem OLG Hamm besteht keine Verpflichtung, nicht näher bestimmte oder nur allgemein empfohlene Therapien auszuprobieren. Wenn Ihr Arzt keine erfolgversprechende Behandlung sieht, kann Ihnen der Versicherer dies nicht zum Vorwurf machen. 
  • Fristen und Verzug im Blick behalten: Versicherer sind gesetzlich verpflichtet, Ansprüche unverzüglich zu prüfen. Verzögern sie das Verfahren ohne triftigen Grund, wird die Leistung früher fällig und ist zu verzinsen.

Unser Fazit

ME/CFS ist ein ernstes Krankheitsbild, das oft zu unverschuldeter Berufsunfähigkeit führt. Obwohl die Erkrankung schwer objektivierbar ist, zeigen Urteile wie das des OLG Hamm, dass Gerichte die Schilderungen und Tests der Betroffenen ernst nehmen und den Versicherern strenge Pflichten auferlegen. Konzentrieren Sie sich auf die Darstellung Ihrer funktionellen Einschränkungen, halten Sie sich an die vertraglichen Obliegenheiten und nutzen Sie die Unterstützung von Fachleuten. 

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Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht
Ihr Ansprechpartner rund um alle Pressemeldungen zum Versicherungsrecht: Tobias Strübing