Ein brennendes Haus

Feuerschäden in der Gebäudeversicherung: Rechte und Pflichten für Versicherte – Teil 4

Ein Brand im eigenen Haus gehört zu den schlimmsten Vorfällen für Hausbesitzer. Neben dem persönlichen Schock stellt sich schnell die Frage, wie die Wohngebäudeversicherung hilft und was man selbst tun muss. In diesem Beitrag erklären wir, was genau unter Feuerschäden in der Gebäudeversicherung zu verstehen ist, welche Voraussetzungen für eine Versicherungsleistung erfüllt sein müssen und welche Schritte Versicherte unmittelbar nach einem Brand einleiten sollten. Außerdem beleuchten wir die Pflichten (Obliegenheiten) gegenüber dem Versicherer – etwa Schadenminderung und Mitwirkung –, häufige Streitpunkte bei der Schadenregulierung sowie Tipps zur Beweissicherung und Kommunikation mit der Versicherung. Abschließend weisen wir auf einige aktuelle Urteile und Rechtsentwicklungen hin, die Versicherungsnehmer kennen sollten. 

In unserem Teil IV der 4-teiligen Serie befassen wir uns damit, was Sie im Brandfall unbedingt beachten und berücksichtigen müssen. 

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Tipps: Beweissicherung und Kommunikation mit der Versicherung 

Eine gute Vorbereitung und Kommunikation können viel Ärger ersparen. Hier ein paar Tipps, wie Sie gegenüber der Versicherung Ihre Rechte wahren und den Prozess beschleunigen: 

  • Schriftliche Bestätigung einholen: Melden Sie den Schaden zwar sofort telefonisch, aber bestätigen Sie wichtige Mitteilungen schriftlich (E-Mail, Fax oder Einschreiben). So haben Sie einen Nachweis über die fristgerechte Anzeige. Notieren Sie sich den Namen des Hotline-Mitarbeiters und die Uhrzeit des Anrufs. Viele Versicherer schicken nach Meldung ein Formular – füllen Sie es wahrheitsgemäß und vollständig aus und behalten Sie eine Kopie. 
  • Eigenes Protokoll führen: Erstellen Sie ein Schadentagebuch. Notieren Sie darin alle Schritte und Kontakte: Wann hat wer was gesagt oder zugesagt? Welche Dokumente haben Sie eingereicht und wann? Dies hilft, den Überblick zu behalten und im Zweifel Unstimmigkeiten aufzuklären. 
  • Fotos, Listen, Belege: Wir haben es schon betont: Eine umfassende Fotodokumentation ist das A und O. Zusätzlich fertigen Sie eine Schadensliste an: z.B. „Dachstuhl völlig ausgebrannt, ca. 50 m²; Küche im EG verrußt und durch Löschwasser beschädigt; Fenster im OG gesprungen…” etc. Je detaillierter, desto besser kann der Versicherer (oder notfalls ein Gericht) den Schaden nachvollziehen. Quittungen/Baukosten: Stellen Sie alle Rechnungen bereit, die mit dem Gebäude zu tun haben (Anschaffungen fester Einbauten, Renovierungen etc.), um den Wert nachzuweisen. Heben Sie Quittungen für alle Sofortmaßnahmen (Notdach, Trocknung, Hotel) auf – diese Positionen können erstattet werden. 
  • Keine vorschnellen Vereinbarungen unterschreiben: Versicherer bieten manchmal relativ zügig eine Abfindungs- oder Vergleichsvereinbarung an – z.B. eine bestimmte Summe gegen Abschluss aller Ansprüche. Unterschreiben Sie nichts übereilt! Solche Vereinbarungen können umfangreicher sein, als es scheint. Ein OLG hat betont, dass die Reichweite einer Abfindungsvereinbarung sorgfältig zu prüfen ist, insbesondere welche Schadensposten davon erfasst sind und welche nicht. Im Fall einer vom OLG Karlsruhe beurteilten Abfindung (Urteil vom 14.03.2019, Az. 9 U 42/17) war strittig, ob nach einer pauschalen Entschädigung noch weitere Kosten (Abbruch, Aufräumung) geltend gemacht werden konnten. Lassen Sie sich im Zweifel juristisch beraten, bevor Sie auf Ihre restlichen Ansprüche verzichten. 
  • Kommunikation freundlich, aber bestimmt: Halten Sie den Ton sachlich. Informieren Sie den Versicherer, wenn Sie eigene Gutachter einschalten oder wenn sich wichtige Änderungen ergeben. Fristen setzen: Zahlt der Versicherer nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen Zeit (üblich sind einige Wochen nach Feststellung der Entschädigungssumme), können Sie schriftlich eine angemessene Zahlungsfrist setzen. Wenn gar nichts vorangeht, erwähnen Sie die Möglichkeit, den Versicherungsombudsmann einzuschalten oder rechtliche Schritte zu prüfen – manchmal beschleunigt das die Dinge. 

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Aktuelle Urteile und Rechtsentwicklungen 

Zum Abschluss ein Blick auf einige rechtliche Entwicklungen und Urteile rund um Feuerschäden und Wohngebäudeversicherungen, die für Versicherte interessant sind: 

  • Regress des Versicherers bei Mieter-Verursachung: Was passiert, wenn ein Mieter einen Wohnungsbrand verursacht? In der Vergangenheit war unklar, ob der Gebäudeversicherer nach Regulierung beim Mieter Rückgriff nimmt oder der Vermieter den Mieter direkt haftbar machen kann. Hier hat der BGH die Mieterrechte gestärkt. In einem Grundsatzurteil entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Mieter, der einen Brandschaden leicht fahrlässig verursacht hat, in der Regel nicht persönlich haftet, sofern der Vermieter eine Gebäudeversicherung hat, deren Prämie auf den Mieter umgelegt wurde. Der Vermieter muss zuerst die Versicherung in Anspruch nehmen und den Schaden beseitigen, statt vom Mieter Schadensersatz zu fordern. Konkret urteilte der BGH am 19.11.2014 (Az. VIII ZR 191/13), dass der Vermieter verpflichtet ist, den Brandschaden über die Gebäudeversicherung abzuwickeln und die Mietsache instand zu setzen, auch wenn der Mieter den Brand leicht fahrlässig verursacht hat. Für Versicherungsnehmer (Vermieter) bedeutet das: Die Versicherung zahlt, und Sie können nicht verlangen, dass der Mieter für den Gebäudeschaden aufkommt – dafür hat er ja indirekt mit den Nebenkosten Beiträge geleistet. Umgekehrt ist es für den Mieter beruhigend: Bei einfacher Fahrlässigkeit droht ihm kein finanzieller Ruin, weil die Versicherung greift. 
  • Beweislast bei Brandstiftungsvorwurf: Wie oben schon erwähnt, hat der BGH klargestellt, dass beim Vorwurf der Eigenbrandstiftung der Versicherer volle Beweislast trägt. In Entscheidungen vom 14.04.1999 (Az. IV ZR 181/98) und 22.11.2006 (Az. IV ZR 21/05) wurde betont, dass keine Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherers gelten – er muss den Nachweis einer vorsätzlichen Brandstiftung durch den Versicherungsnehmer lückenlos führen. Für die Praxis heißt das: Wenn ein Versicherer Sie verdächtigt, den Brand selbst gelegt zu haben, kann er die Leistung nur verweigern, wenn er dies auch gerichtsfest beweisen kann. Solange das nicht gelingt (oder ein Strafverfahren Sie freispricht bzw. mangels Beweisen einstellt), besteht Ihr Versicherungsanspruch fort. 
  • Grobe Fahrlässigkeit und Kürzungsrecht: Seit der VVG-Reform 2008 ist die starre Alles-oder-Nichts-Regel bei grober Fahrlässigkeit abgeschafft. Die Versicherer dürfen nun nur noch anteilig kürzen, abhängig vom Grad des Verschuldens (§ 81 VVG). Viele aktuelle Urteile beschäftigen sich damit, was als grob fahrlässig zu werten ist und wie hoch gekürzt werden darf. Beispiel: Das OLG Schleswig-Holstein (Urteil vom 06.02.2019, Az. 12 U 19/18) beschäftigte sich mit einem Brand, der durch Schweißarbeiten ausgelöst wurde. Es ging um die Frage, ob der Mieter, der unsachgemäß geschweißt hatte, grob fahrlässig handelte – wovon es abhing, ob der Gebäudeversicherer ihn in Regress nehmen kann. Solche Urteile zeigen: Grob fahrlässig ist ein hoher Verschuldungsgrad – ob er erreicht ist, wird von Gerichten im Einzelfall genau geprüft. Für Versicherte heißt das: Nicht jede Unachtsamkeit ist grob fahrlässig. Und selbst wenn doch, bekommen Sie in der Regel immer noch einen Teil der Entschädigung (je nach Verschuldungsquote). 
  • Auslegung von Abfindungsvergleichen: Wenn Sie mit dem Versicherer einen Abfindungsvergleich schließen (etwa eine pauschale Entschädigungssumme für den Brandschaden), kann es später Streit geben, was genau damit abgegolten ist. Das OLG Karlsruhe hat 2019 (Beschluss vom 14.03.2019, Az. 9 U 42/17) hierzu festgehalten, dass die Worte des Vergleichs genau auszulegen sind. Im entschiedenen Fall ging es darum, ob mit einer Formulierung wie „alle Ansprüche aufgrund des Feuerschadens sind abgefunden” wirklich sämtliche Kosten (inkl. Abriss, Aufräumen, Neubaukosten etc.) gemeint waren, oder ob bestimmte Positionen noch zusätzlich verlangt werden können. Das Gericht stellte klar, dass solche Vereinbarungen im Zweifel eng auszulegen sind, um den Versicherungsnehmer nicht unangemessen zu benachteiligen. Praxis-Tipp: Sollten Sie einen Vergleich mit Ihrer Versicherung schließen, achten Sie genau auf die Formulierung oder lassen Sie ihn juristisch prüfen. 

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Ihre Rechte, Pflichten und wie Sie Ansprüche sichern

Im Falle eines Brandschadens an Ihrem Wohngebäude stehen Ihnen grundsätzlich die vereinbarten Leistungen Ihrer Gebäudeversicherung zu. Ihre Rechte umfassen die vollständige Entschädigung des versicherten Schadens (abzüglich evtl. vereinbarter Selbstbeteiligungen oder Kürzungen bei grober Fahrlässigkeit) und im Zweifel die Unterstützung durch Gutachter oder Anwälte, um diese Ansprüche durchzusetzen. Ihre Pflichten bestehen vor allem darin, den Schaden möglichst gering zu halten, ehrlich und schnell zu melden und an der Aufklärung mitzuwirken. Bei Problemen in der Regulierung sollten Sie sich nicht scheuen, professionellen Rat einzuholen. Die Rechtsprechung der letzten Jahre zeigt, dass Gerichte tendenziell die Position der Versicherten stärken, sei es bei der Beweislast im Betrugsverdacht oder beim Schutz vor Regressforderungen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf und einer klaren Kommunikation mit der Versicherung kann man auch nach einem Brand das Beste aus der schwierigen Situation machen – nämlich eine zügige und faire Schadensregulierung erreichen. 

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht
Ihr Ansprechpartner rund um alle Pressemeldungen zum Versicherungsrecht: Tobias Strübing