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Die Insolvenz der Element Versicherung AG

Update Stand 09.03.2025

Das Amtsgericht Charlottenburg hat am 1. März 2025 das endgültige Insolvenzverfahren über die Element Insurance AG eröffnet. Zuvor konnte im vorläufigen Verfahren keine Bestandsübertragung (weder ganz noch teilweise) realisiert werden. Als Ursache gilt die Überschuldung des Unternehmens, die Element am 20. Dezember 2024 der BaFin gemäß § 19 InsO angezeigt hatte – Auslöser war eine kurzfristige Kündigung des Rückversicherungsschutzes, woraufhin die BaFin ein Neugeschäftsverbot verhängte.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben sich nun weitreichende Konsequenzen für Versicherungsnehmer, Vermittler und andere Geschäftspartner der Element Versicherung AG.

Auswirkungen der Insolvenz auf Versicherungsnehmer

Vertragsbeendigung zum 1. April 2025

Die meisten Versicherungsverträge mit der Element Insurance AG enden kraft Gesetzes einen Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also zum 1. April 2025 um 24:00 Uhr. Eine gesonderte Kündigung ist in diesen Fällen nicht erforderlich.

Ausnahme: Für bestimmte Pflichtversicherungen (z. B. Kfz-Haftpflicht) können abweichende Fristen oder Regelungen im Insolvenzverfahren gelten. Betroffene sollten hier besonders aufmerksam auf Informationen des Insolvenzverwalters der Element Insurance AG achten.

Ansprüche aus Schadensfällen

  • Schäden vor Vertragsende: Tritt ein Schaden vor dem 1. April 2025 auf, besteht dafür rechtlich noch Versicherungsschutz. Allerdings ist bereits jetzt ungewiss, ob Schadenfälle, die bis Vertragsende eintreten, vollständig reguliert werden können.
  • Ansprüche anmelden: Versicherte müssen ihre Ansprüche selbst beim Insolvenzverwalter anmelden. Dies betrifft insbesondere:
    • Schadensfälle aus bestehenden Versicherungsverträgen (offene Leistungsansprüche),
    • Ansprüche auf Prämienrückzahlung (anteilige Prämien für Zeiträume nach Vertragsende),
    • Mögliche Mehrkosten, die durch die Insolvenz oder einen notwendigen Versicherungswechsel entstehen.
  • Auszahlung der Ansprüche: Die Schadenersatzansprüche der Versicherten werden vorrangig aus dem Sicherungsvermögen der Element Versicherung AG bedient. Reichen diese gesicherten Mittel nicht aus, erfolgt eine anteilige Auszahlung an die Gläubiger. Die Rechte der Versicherungsnehmer haben zwar Vorrang gegenüber anderen Gläubigern, dennoch kann eine vollständige Befriedigung aller Forderungen nicht garantiert werden, wenn die Masse nicht genügt.

Fristen zur Anmeldung von Forderungen

  • Anmeldefrist: Versicherungsnehmer und andere Gläubiger sollten ihre Ansprüche bis 27. Mai 2025 beim Insolvenzverwalter anmelden. Die Anmeldung erfolgt über das Online-Portal des Verwalters.
  • Information durch Insolvenzverwalter: Alle bekannten Gläubiger – darunter die Versicherungsnehmer – werden vom Insolvenzverwalter schriftlich über das Verfahren informiert. In diesen Schreiben finden sich Details zum genauen Vertragsende und zur Anmeldung der Forderungen. Diese Informationen sollten Versicherte aufmerksam lesen und den Anweisungen (etwa zum Einreichen von Formularen oder Nachweisen) unbedingt fristgerecht nachkommen.

Betroffene Partnerunternehmen der Element Insurance AG und Assekuradeure

Die Insolvenz von Element betrifft zahlreiche Partnerunternehmen und Assekuradeure, die die Element Insurance AG als Risikoträger für ihre Produkte genutzt haben. Nach aktuellem Stand sind insbesondere folgende Unternehmen und Sparten von der Insolvenz betroffen:

  • Asspario Versicherungsdienst GmbHFahrradversicherung: Neuer Risikoträger GVO (Gegenseitigkeit Versicherung Oldenburg VVaG) übernimmt bestehende Verträge 1:1, allerdings mit ca. 20 % Beitragsanpassung. Unfallversicherung: Diese Policen enden ersatzlos (keine Folgelösung). Asspario will zu viel gezahlte Beiträge nach vorzeitiger Kündigung aus eigenen Mitteln an Kunden erstatten.
  • FridayUnfallversicherung (Tarif seit 2022): Keine aktuellen Maßnahmen bekannt. Versicherte sollten sich eigenständig um Ersatzdeckung kümmern, da Friday bisher keine Übernahme-Lösung kommuniziert hat.
  • AgencioDauercamping-Versicherung: Bisher keine Informationen zur Fortführung oder Übernahme des Bestandes durch einen anderen Versicherer bekannt.
  • Direkt-ASGebäudeversicherung: Keine aktuellen Informationen publiziert, wie mit den von Element gedeckten Wohngebäudepolicen verfahren wird.
  • DEMA Deutsche Versicherungsmakler AGWohngebäudeversicherung „Exklusiv“: Vertragstarif, bei dem Element der Risikoträger war. Konkrete Lösungen für diesen Bestand sind aktuell nicht bekanntgegeben.
  • Schutzgarant GmbHHandyversicherung („HandySchutzbrief Basis“): Der Versicherungsschutz endet zum 1. April 2025 wie bei den anderen. Bisher keine Maßnahmen oder Ersatzversicherer bekannt, die diesen Bestand auffangen.
  • Manufaktur Augsburg GmbHUnfallversicherung „Premium/Premium-Plus“: Es wurde inzwischen ein neuer Risikoträger gefunden. Die Adler Versicherung AG (Signal Iduna Gruppe) übernimmt diese Unfallversicherungen, jedoch nicht 1:1. Alle Verträge werden mit ~15 % höherer Prämie fortgeführt und einzelne Leistungen sind im Premium-Plus-Tarif gekürzt.
  • AutoProtect GmbHGewerbliche Flottenversicherungen und Produkte für Autohäuser: Keine Informationen über Nachfolgelösungen.
  • MAILOGewerbeversicherungen (Betriebshaftpflicht, Cyber, Elektronik u.a.): Unklar, ob und wie der bestehende Bestand von einem anderen Versicherer übernommen wird.
  • hepster – Mögliche Bestände betroffen, aber unklar, welche Tarife genau.
  • PANDATierkranken- und OP-Versicherungen: Neuer Risikoträger übernimmt den Bestand.
  • SIMTALTierkrankenversicherung, Privathaftpflicht, Unfallversicherung: Keine direkte Nachfolgelösung bekannt, weitere Informationen auf deren Website.
  • Volkswagen VersicherungsdienstKfz-Versicherungen (Kurzzeit-Tarife wie Probefahrt- und Drittfahrerversicherung): Keine Informationen über Ersatzlösungen bekannt.

Handlungsempfehlungen für Versicherte

  • Vertragsunterlagen prüfen: Überprüfen Sie, ob die Element Insurance AG der Risikoträger Ihrer Versicherung ist. Element war oft als White-Label-Versicherer tätig, sodass dies nicht immer sofort ersichtlich ist. Hinweise finden sich im Versicherungsschein oder in den Versicherungsbedingungen. Falls Sie unsicher sind, fragen Sie bei Ihrem Versicherungsvermittler oder direkt beim Vertragspartner nach.
  • Alternativen suchen: Da der Versicherungsschutz in den meisten Fällen zum 1. April 2025 um 24:00 Uhr endet, sollten Versicherte allerspätestens jetzt umgehend für neuen Schutz sorgen. Der neue Versicherungsvertrag sollte nahtlos ab dem 2. April 2025 beginnen. Wer bereits früher außerordentlich kündigt, kann ggf. sofort die Versicherung wechseln.
  • Ansprüche anmelden: Alle offenen Forderungen gegenüber der Element Insurance AG müssen bis spätestens 27. Mai 2025 beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Dazu gehören insbesondere noch ausstehende Schadensfälle, Ansprüche auf anteilige Prämienrückerstattungen sowie eventuelle Mehrkosten durch den notwendigen Versicherungswechsel.

Zusätzlicher Hinweis: Rückbuchung von Versicherungsprämien prüfen

Bereits gezahlte Versicherungsprämien könnten – falls noch innerhalb der gesetzlichen Frist möglich – können per SEPA-Lastschriftrückbuchung zurückgeholt werden. Dies gilt insbesondere für Versicherte, die ihren Jahresbeitrag erst kürzlich gezahlt haben und nun feststellen, dass ihr Vertrag zum 1. April 2025 endet.

Obwohl der Bund der Versicherten (BdV) zunächst fälschlicherweise davon abgeraten hatte, bereits gezahlte Beiträge zurückzubuchen, konnte und kann dies für Betroffene eine sinnvolle Option sein. Andernfalls müssen Versicherte auf eine anteilige Rückzahlung im Insolvenzverfahren hoffen – mit ungewissem Ausgang.

Empfohlene Schritte für Versicherungsnehmer:
Prüfen, ob eine Rückbuchung der Versicherungsprämie noch möglich ist (SEPA-Lastschriften können bis zu 8 Wochen nach Abbuchung storniert werden).
✔ Falls noch möglich, die Lastschrift über die eigene Bank zurückbuchen lassen.
✔ Falls eine Rückbuchung nicht mehr möglich ist, eine anteilige Prämienrückforderung im Insolvenzverfahren anmelden.

Sollte der Rat des BdV dazu geführt haben, dass Versicherte auf eine Rückbuchung verzichtet haben und dadurch finanzielle Nachteile erlitten haben, wäre es äußerst ratsam, dass dies nochmals überprüft wird.

Disclaimer

Die obigen Informationen basieren auf eigenen Recherchen, öffentlich zugänglichen Quellen sowie Hinweisen aus der Branche. Trotz sorgfältiger Prüfung kann sich die Lage kurzfristig ändern.


Weitergehende Informationen zur Insolvenz der Element Versicherung AG finden Sie in unseren FAQ:

FAQ zur Insolvenz der ELEMENT Insurance AG für Versicherungsmakler

Am 8. Januar 2025 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG eröffnet. Ziel ist die Sicherung des Vermögens und die Prüfung einer Übertragung der Verträge auf einen solventen Versicherer. Der endgültige Beschluss zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht noch aus. Bis dahin bleibt der vorläufige Insolvenzverwalter Friedemann Schade dafür verantwortlich, den Betrieb zu sichern.
ELEMENT meldete am 20. Dezember 2024 eine Überschuldung, nachdem der wichtigste Rückversicherer sein Engagement beendet hatte. Dies führte zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und einem Antrag der BaFin auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Betroffen sind Sach- und Unfallversicherungen wie Wohngebäude-, Unfall-, Fahrrad-, Haftpflicht- und Tierkrankenversicherungen. Lebensversicherungen sind nicht betroffen, da ELEMENT keine Lizenz für diese Bereiche hatte. Insbesondere Policen von Partnerunternehmen wie AutoProtect, asspario und Panda, bei denen ELEMENT als Risikotäger auftritt, sind betroffen.
Die Versicherungsverträge bleiben bestehen, jedoch sind Schadenzahlungen ausgesetzt. Während der Prüfung möglicher Bestandsübertragungen können Versicherungsnehmer keine neuen Ansprüche geltend machen.
Gemeldete Schäden werden vom Insolvenzverwalter geprüft, aber erst nach Eröffnung des endgültigen Insolvenzverfahrens bearbeitet. Die Regulierung erfolgt, wenn über das Sicherungsvermögen eine Deckung sichergestellt ist. Versicherten steht ein vorrangiger Anspruch zu, aber eine anteilige Schadensregulierung ist wahrscheinlich.
Das vorläufige Insolvenzverfahren gemäß der Insolvenzordnung (InsO) dient dazu, das Vermögen des Unternehmens zu sichern und Gläubigerinteressen zu wahren. Versicherer dürfen währenddessen keine neuen Verträge abschließen oder bestehende Verträge erweitern.
Nach §16 VVG enden alle Versicherungsverträge einen Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch. Der Insolvenzverwalter wird die Gläubiger über Fristen und das Verfahren zur Anmeldung von Forderungen informieren. Kunden können anteilige Prämien zurückfordern. Noch ist nicht bekannt, ob und ggf. wann das endgültige Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Makler sollten sicherstellen, dass sie ihre Kunden rechtzeitig über Alternativen informieren. Bei automatischem Vertragsende besteht die Gefahr, dass Kunden ohne Versicherungsschutz verbleiben. Im Raum steht in jedem Einzelfall die Überlegung, lieber eine Doppelversicherung zu haben, als am Ende keinen hinreichenden Versicherungsschutz. Die Dokumentation der Beratung wird zur Vermeidung von Haftungsrisiken dringend empfohlen.
Das Sicherungsvermögen wird gemäß §315 VAG vorrangig für die Ansprüche der Versicherungsnehmer verwendet. Falls es nicht ausreicht, erfolgt eine quotale Schadensregulierung. Makler sollten ihre Kunden auf diese Unsicherheit hinweisen.
Eine fristlose Kündigung der betroffenen Verträge kann unter bestimmten Umständen sinnvoll sein, ist jedoch nicht immer die beste Lösung. Die Insolvenz allein gibt kein Sonderkündigungsrecht. Makler sollten die folgenden Aspekte beachten:


  • Prüfung der Alternativen: Kunden sollten vor einer Kündigung eine Ersatzversicherung abgeschlossen haben, um Versicherungslücken zu vermeiden. Doppelversicherungen sind vorübergehend zulässig und oft vorzuziehen.
  • Kündigungsrechte: Bei Tarifen mit täglichem Kündigungsrecht (z. B. einigen Asspario-Policen) kann eine fristlose Kündigung in Betracht gezogen werden.
  • Einzelfallentscheidung: Fristlose Kündigungen sollten individuell geprüft und nur bei unzureichendem Schutz des bestehenden Vertrags erwogen werden. Makler sollten alle Beratungsschritte dokumentieren.
Die BaFin fordert Versicherungsmakler auf, betroffene Kunden aktiv zu informieren. Kunden sollen ihre Vertragsunterlagen prüfen und bei Bedarf Alternativen suchen. Wichtige Policen wie Haftpflicht- oder Wohngebäudeversicherungen sollten umgehend ersetzt werden. Makler sollten sicherstellen, dass Kunden eine vorläufige Deckungszusage erhalten.
Die BaFin überwacht das Insolvenzverfahren in Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter. Sie prüft Möglichkeiten zur Bestandsübertragung auf solvente Versicherer. Die BaFin betont, dass Kundenansprüche vorrangig behandelt werden.
Die Insolvenz von ELEMENT hat weitreichende Konsequenzen für Kunden und Makler. Die Unsicherheit über die Zukunft des Unternehmens erfordert proaktives Handeln. Verzögerungen können dazu führen, dass Kunden ohne Versicherungsschutz bleiben.
Sollte die Übertragung der Bestände scheitern, endet der Versicherungsschutz automatisch. Kunden müssen neue Versicherungen abschließen. Makler sollten auf eine dynamische Entwicklung vorbereitet sein und rechtzeitig mit Kunden kommunizieren.
  • Vertragsprüfung: Identifizieren Sie betroffene Policen in Ihrem Bestand.
  • Beratung: Bieten Sie Ihren Kunden zeitnah Alternativen an und dokumentieren Sie die Beratung umfassend.
  • Vorläufige Deckung: Organisieren Sie eine vorläufige Deckungszusage bei alternativen Anbietern.
Dokumentieren Sie alle Schritte der Beratung und Kommunikation mit den Kunden. Klären Sie die Risiken und stellen Sie sicher, dass Kunden rechtzeitig auf Alternativen hingewiesen werden.
Makler sind verpflichtet, ihre Kunden über die Einschränkungen des Versicherungsschutzes zu informieren. Die unterlassene Aufklärung kann zu Haftungsansprüchen führen. Regelmäßige Updates zur Entwicklung des Insolvenzverfahrens sind empfehlenswert.

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