Eine Versicherungsvermittlerin prüft ihren Vertrag

Teil 1: Schadensersatzansprüche gegen Versicherungsmakler – Haftungsfallen erkennen und vermeiden

Versicherungsmakler stehen täglich im Dienst ihrer Kunden und vermitteln komplexe Versicherungsprodukte. Doch was passiert, wenn dabei Fehler unterlaufen? Schadensersatzforderungen gegen Versicherungsmakler können gravierende Folgen haben – von finanziellen Einbußen bis zum Reputationsverlust. Wir erläutern, wann und warum Makler mit Haftungsansprüchen konfrontiert werden, welche rechtlichen Grundlagen gelten, welche typischen Pflichtverletzungen es gibt und wie aktuelle Urteile die Lage einschätzen.

Zudem geben wir praxisnahe Tipps zur Haftungsvermeidung, erklären die Bedeutung der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung und zeigen auf, wie man sich im Ernstfall richtig verhält. Am Ende stellen wir die besondere Expertise von Wirth Rechtsanwälte im Bereich der Maklerhaftung vor – mit jahrzehntelanger Erfahrung und hoher Erfolgsquote.  

Wann und warum drohen Versicherungsmaklern Schadensersatzforderungen? 

In der Praxis verlangen unzufriedene Kunden von Versicherungsmaklern häufig Schadenersatz, wenn sie der Meinung sind, durch einen Fehler des Maklers finanziellen Schaden erlitten zu haben. Oft fordern sie dabei eine sogenannte Quasideckung – also so gestellt zu werden, als hätte der Makler den gewünschten Versicherungsschutz ordnungsgemäß besorgt.

Ein typisches Szenario: Der Kunde erleidet einen Schaden, der von seiner Versicherung nicht gedeckt ist, und macht den Makler dafür verantwortlich. Er möchte dann vom Makler so gestellt werden, wie er stehen würde, „wenn der Fehler nicht passiert wäre“, sprich: als hätte eine passende Versicherung bestanden, die nun zahlen würde. 

Warum können solche Situationen entstehen? Versicherungsmakler sind Sachwalter ihrer Kunden – als unabhängige Vermittler stehen sie rechtlich auf der Seite des Versicherungsnehmers. Das hat der BGH bereits vor vielen Jahren in dem so genannten Sachwalterurteil entschieden und das wurde zwischenzeitlich auch im Gesetz, dort in § 61 VVG geregelt. Es bedeutet, sie schulden ihren Kunden eine umfassende Beratung und Betreuung. Wenn hier etwas schiefläuft – sei es eine falsche Empfehlung, eine vergessene Absicherung oder eine Fristversäumnis – kann dem Kunden ein finanzieller Nachteil entstehen. In solchen Fällen schaut der Kunde verständlicherweise auf den Makler: Hätte der Makler anders oder besser gehandelt, wäre der Schaden womöglich vermieden worden. 

Durch gestiegene Kundenerwartungen und strengere gesetzliche Pflichten (z. B. detaillierte Beratung und Dokumentation) ist die Haftungsgefahr für Makler in den letzten Jahren eher gestiegen. Kunden sind informierter und scheuen sich weniger, im Streitfall juristische Schritte einzuleiten. Auch Rechtsschutzversicherungen tragen ihren Anteil, in dem sie mitunter auch unsinnige Schadenersatzprozesse gegen Versicherungsmakler „finanzieren“.

Ein weiterer Aspekt: Wenn ein Versicherer eine Leistung ablehnt, suchen Kunden oft nach einem „Ersatzgegner“ mit tieferen Taschen – hier gerät der Makler ins Visier, insbesondere weil Makler pflichtversichert sind (dazu später mehr). Kurz: Schadensersatzforderungen drohen immer dann, wenn der Kunde meint, der Makler habe eine Pflicht verletzt und dadurch einen finanziellen Schaden verursacht. 

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Rechtliche Grundlagen der Maklerhaftung 

Die Haftung des Versicherungsmaklers stützt sich auf zivilrechtliche Grundlagen, insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), sowie auf die umfangreiche Rechtsprechung (Stichwort Sachwalter-Urteil). Im Kern geht es um vertragliche Pflichten aus dem Maklervertrag und den unter anderem in § 61 VVG normierten Beratungspflichten. 

Vertragliche Pflichten und „Sachwalter“-Rechtsprechung 

Sobald ein Kunde einen Makler beauftragt, kommt ein Maklervertrag zustande – oft in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags. Daraus ergeben sich Nebenpflichten nach §§ 241 ff. BGB, primär die Pflicht, die Interessen des Kunden wahrzunehmen. Bereits der Bundesgerichtshof (BGH) hat 1985 in seiner berühmten Sachwalter-Entscheidung klargestellt, dass der Versicherungsmakler als treuhänderähnlicher Sachwalter seines Kunden agiert und weitreichende Beratungspflichten hat. Der Makler steht also aufseiten des Versicherungsnehmers und muss dessen Versicherungsbedarf sorgfältig ermitteln, geeigneten Schutz beschaffen und fortlaufend betreuen. Verletzt er diese Pflichten schuldhaft und entsteht dem Kunden dadurch ein Schaden, haftet der Makler auf Schadensersatz (§ 280 BGB). 

Wichtig ist: Anders als beim gebundenen Vertreter haftet nicht der Versicherer für Fehler des Maklers. Ein Versicherungsvertreter, der für einen Versicherer tätig ist, gilt als dessen Erfüllungsgehilfe – hier muss der Versicherer sich Falschberatungen zurechnen lassen und dem Kunden Schadensersatz leisten. Der unabhängige Versicherungsmakler hingegen steht allein in der Verantwortung gegenüber dem Kunden. Haftungsadressat ist also der Makler selbst, was die Bedeutung einer eigenen Haftpflichtversicherung unterstreicht. 

Gesetzliche Beratungspflichten nach VVG 

Die Pflichten des Maklers sind seit der VVG-Reform 2008 auch ausdrücklich im Versicherungsvertragsgesetz verankert. § 61 VVG verpflichtet Versicherungsvermittler, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu ermitteln und bei ihrer Empfehlung zu berücksichtigen. § 61 VVG schreibt vor, dass der Makler den Kunden angemessen zu beraten und die Gründe für jede Empfehlung zu dokumentieren hat.

Darüber hinaus schreibt § 60 Abs. 1 VVG vor, dass der Versicherungsmakler aus der sogenannten Breite des Marktes beraten muss. In einem viel beachteten Urteil hat das OLG Karlsruhe dazu entscheiden, dass der Versicherungsmakler alle und damit grundsätzlich auch solche Versicherungen bei seiner Beratung zu berücksichtigen hat, die gar nicht mit ihm zusammenarbeiten. Kommt der Makler diesen Pflichten nicht nach, haftet er für den daraus entstehenden Schaden (§ 63 VVG), sofern ihm ein Verschulden zur Last fällt (also er fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat). 

Praktisch bedeutet dies: Der Makler muss vor Abschluss eines Vertrags den Kunden nach seinen Zielen und Risikoverhältnissen fragen, ihn verständlich über geeignete Lösungen beraten und alles in einer Beratungsdokumentation festhalten. Versäumnisse in diesem Prozess sind nicht nur ein Verstoß gegen das Gesetz, sondern begründen auch Schadensersatzpflichten. Auch nach Vertragsschluss endet die Verantwortung nicht: Üblicherweise schuldet der Makler aus dem laufenden Betreuungsauftrag heraus die Pflege des Versicherungsportfolios des Kunden – etwa Hinweise auf Anpassungsbedarf bei geänderten Umständen, neue Produkte oder sinnvolle Ergänzungen.

Versäumt der Makler eine solche Betreuungspflicht und entsteht dem Kunden dadurch ein Schaden (z. B. weil ein Risiko unversichert blieb), haftet er ebenfalls. Allerdings bedeutet diese Pflicht zur Nachbetreuung nicht, dass der Versicherungsmakler von sich aus auf den Kunden zugehen und permanent nach Risikoänderungen fragen muss. Reagieren muss er grundsätzlich nur dann, wenn ihm entweder in seiner Sphäre erhebliche Dinge bekannt werden und/ oder der Kunde ihn über risikorelevante Umstände informiert. Das hat unter anderem das OLG Hamburg so entschieden.

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Beweislast und Dokumentation

Grundsätzlich muss im Haftungsprozess der Kunde die Pflichtverletzung und den Schaden beweisen. Allerdings hat der Gesetzgeber (und die Rechtsprechung) die Beweislast zugunsten des Kunden entschärft, indem die lückenlose Dokumentation eingefordert wird. Fehlt die nach § 61 VVG vorgeschriebene Beratungsdokumentation oder ist sie unzureichend, kann es zu einer Beweiserleichterung bis hin zu Beweislastumkehr kommen. Der BGH hat 2014 entschieden, dass der Makler ohne Dokumentation im Zweifel beweisen muss, dass er korrekt beraten hat, was naturgemäß schwierig ist. Für Makler heißt das: Die ordentliche Dokumentation ist nicht nur Pflicht, sondern auch die beste Verteidigung im Ernstfall. 

Fazit Schadensersatzansprüche gegen Versicherungsvermittler

Versicherungsmakler bewegen sich in einem zunehmend haftungsträchtigen Umfeld. Die Anforderungen an Beratung, Dokumentation und Marktüberblick sind hoch. Besonders gefährlich wird es, wenn Kunden im Schadenfall rückblickend eine Pflichtverletzung vermuten und Ersatz für den ausgebliebenen Versicherungsschutz fordern. Der Makler steht dann schnell im Fokus – rechtlich wie finanziell.

Auch die beste Vorbereitung ersetzt im Ernstfall keine fundierte rechtliche Unterstützung. Wer als Makler mit Schadensersatzforderungen konfrontiert wird, sollte umgehend qualifizierte Rechtsberatung in Anspruch nehmen – idealerweise durch Experten, die auf Maklerhaftung spezialisiert sind. Denn nur mit juristischer Expertise lässt sich die eigene Position wirksam verteidigen und wirtschaftlicher Schaden vermeiden.

Als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei im Versicherungs- und Handelsvertreterrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Rechte als Makler erfolgreich durchzusetzen. Nehmen Sie Kontakt auf – wir prüfen Ihren Fall und zeigen Ihnen die besten Optionen auf! 

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht
Ihr Ansprechpartner rund um alle Pressemeldungen zum Versicherungsrecht: Tobias Strübing