Im Makleralltag treffen hohe Verantwortung und komplexe Kundenanforderungen auf Zeitdruck und rechtliche Pflichten – eine gefährliche Mischung, wenn es um die Haftung von Versicherungsmaklern geht. Schon kleine Versäumnisse können große Folgen haben: sei es durch unzureichende Beratung, vergessene Hinweise oder fehlende Dokumentation. Doch das Risiko lässt sich gezielt verringern. Wer seine Prozesse gut dokumentiert und die Kundensituation wirklich versteht, reduziert nicht nur die Angriffsfläche für Schadensersatzforderungen, sondern gewinnt auch das Vertrauen der Kunden. Wir zeigen Ihnen praxisnahe Tipps zur Haftungsvermeidung – und erklären, warum auch die beste Beratung ohne eine starke Vermögensschadenhaftpflicht nicht auskommt.
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Versicherungsvermittler: Haftungsrisiken präventiv minimieren
Niemand ist unfehlbar – aber als Versicherungsmakler können Sie eine Menge tun, um Haftungsrisiken präventiv zu minimieren. Aus der Praxis lassen sich folgende Tipps zur Vermeidung von Haftungsansprüchen ableiten:
Sorgfältige Bedarfsanalyse
Nehmen Sie sich zu Beginn ausreichend Zeit, die Situation, Wünsche und Risiken des Kunden vollständig zu erfassen. Nutzen Sie als Versicherungsvermittler Fragebögen und Checklisten, um nichts Wichtiges zu übersehen (z. B. Familienstand, Immobilien, Hobbys, berufliche Risiken). Eine umfassende Bedarfsermittlung bildet das Fundament jeder Beratung – fehlt hier etwas, kann die beste Beratung später lückenhaft sein.
Umfassende und vollständige Beratung
Erklären Sie als Versicherungsvermittler dem Kunden die für ihn relevanten Versicherungsprodukte, einschließlich der Vor- und Nachteile. Weisen Sie auf Deckungslücken hin und machen Sie deutlich, welche Risiken bestehen, wenn bestimmte Versicherungen nicht abgeschlossen werden. Dokumentieren Sie gerade die Entscheidung des Kunden eine bestimmte, von ihnen empfohlene Versicherung nicht abschließen zu wollen.
Wichtig ist: die Beratung am Bedarf des Kunden auszurichten und nicht an Verkaufszielen. Lassen Sie den Kunden spüren, dass seine Interessen an erster Stelle stehen. Fragen Sie am Ende des Gesprächs, ob alles verstanden wurde, und bieten Sie an, Unklarheiten zu klären.
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Schriftliche Dokumentation der Beratung
Dokumentieren Sie jede Kundenberatung schriftlich, so wie es § 61 VVG verlangt.
Dies umfasst: die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden, die empfohlene(n) Lösung(en) und die Gründe für die Empfehlungen. Lassen Sie sich als Versicherungsvermittler die Übergabe der Dokumentation an den Kunden quittieren oder schicken Sie sie im Anschluss per E-Mail (mit Zustellbestätigung). Achten Sie darauf, dass die Dokumentation vollständig und verständlich ist – die Dokumentation sollte auch Monate später noch nachvollziehbar machen, was besprochen wurde.
Besonders wichtig: Falls der Kunde einen Rat von Ihnen ablehnt (etwa die empfohlene Versicherung ablehnt), vermerken Sie auch das inklusive der Begründung des Kunden. Eine gründliche Dokumentation ist Ihr „Schutzschild“ im Streitfall.
Standardisierte Prozesse nutzen
Implementieren Sie in Ihrem Maklerbüro standardisierte Abläufe, um Fehler auszuschließen.
Beispiele: Ein Vier-Augen-Prinzip bei wichtigen Vorgängen (ein Kollege prüft noch mal Antrag und Policen), Wiedervorlagefristen im CRM-System für Vertragsabläufe oder Nachbearbeitung, und Checklisten für die Jahresgespräche. Solche Prozesse helfen Versicherungsmaklern, Fristen und Pflichten stets im Blick zu behalten.
Haftungsbegrenzungen vereinbaren
Schließen Sie als Makler mit Ihren Kunden schriftliche Maklerverträge ab, die die Beratungspflichten klar umreißen und – soweit rechtlich zulässig – Haftungsobergrenzen vorsehen. Beispielsweise kann im Maklervertrag geregelt werden, für welche Sparten der Makler verantwortlich ist und die Haftung auf die Versicherungssumme der eigenen Vermögensschadenhaftpflicht begrenzt werden. Eine solche Klausel muss sorgfältig formuliert sein (idealerweise von einem Fachanwalt), kann aber im Ernstfall die persönliche Haftung begrenzen.
Fortbildung und Informationsbeschaffung für Versicherungsmakler
Die Versicherungsbranche ändert sich stetig – neue Produkte, geänderte Gesetze (z. B. IDD), Rechtsprechung und Markttrends. Bleiben Sie fachlich immer auf dem Laufenden, etwa durch Weiterbildungen für Versicherungsmakler, Fachliteratur oder Austausch in Maklerforen. Je aktueller Ihr Wissensstand, desto geringer die Gefahr, aufgrund veralteter Informationen falsch zu beraten. Auch die regelmäßige Lektüre von Gerichtsurteilen oder Fachartikeln (wie denen von Wirth Rechtsanwälte) kann helfen, frühzeitig aus Fehlern anderer zu lernen.
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Kommunikation und Erwartungsmanagement
Stellen Sie sicher, dass Ihre Kunden realistische Erwartungen an Versicherungsprodukte haben. Übertreiben Sie nicht die Leistungen einer Police und versprechen Sie nichts, was der Vertrag nicht hält. Erklären Sie im Schadenfall unterstützend den Ablauf, aber vermeiden Sie Aussagen wie „Das ist auf jeden Fall gedeckt“, solange der Versicherer nicht reguliert hat. Eine offene, ehrliche Kommunikation beugt Enttäuschungen vor – und damit auch Anschuldigungen gegen Sie als Makler.
Dokumentation wichtiger Mitteilungen
Nicht nur die Beratung selbst, auch wichtige Kundenmitteilungen sollten schriftlich festgehalten werden. Bestätigen Sie z. B. telefonisch besprochene Änderungen oder Hinweise des Kunden noch einmal per E-Mail. So kann später niemand behaupten, Sie seien über etwas nicht informiert gewesen (oder hätten es nicht weitergeleitet).
Keine vorschnellen Zusagen oder Entscheidungen ohne Abstimmung
Gerade in komplexen Fällen (etwa Gewerbeversicherung mit Spezialklauseln) lohnt es sich, beim Versicherer oder einem Kollegen Rücksprache zu halten, statt dem Kunden ins Blaue hinein Zusagen zu machen. Ein „Ich kläre das und melde mich umgehend bei Ihnen“ ist besser, als im Zweifel etwas Falsches zu behaupten. Fehler entstehen oft unter Zeitdruck – nehmen Sie sich die Zeit für belastbare Antworten.
Durch diese Maßnahmen lässt sich das Haftungsrisiko für Versicherungsvermittler erheblich reduzieren. Natürlich kann man nie alle Eventualitäten ausschließen, aber je transparenter, gründlicher und kundenorientierter Sie arbeiten, desto weniger Angriffsfläche bieten Sie. Zudem zeigen Sie dem Kunden damit, dass er bei Ihnen in guten Händen ist – was wiederum das Vertrauensverhältnis stärkt und im Konfliktfall eine gütliche Einigung wahrscheinlicher macht.
Bedeutung der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH)
Trotz aller Sorgfalt: Ein Restrisiko bleibt. Deshalb schreibt der Gesetzgeber für Versicherungsmakler den Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (VSH) vor. Diese spezielle Berufshaftpflicht ist existenziell wichtig, um im Ernstfall einen Schadensersatzanspruch finanzieren zu können. Was sollten Makler darüber wissen?
• Gesetzliche Pflicht und Deckungssummen: Gemäß § 34d Gewerbeordnung (GewO) ist die VSH-Versicherung Voraussetzung für die Erlaubnis als Versicherungsvermittler. EU-weit sind Mindestdeckungssummen vorgeschrieben (derzeit typischerweise 1,3 Mio. € pro Schadensfall und 1,9 Mio. € für alle Fälle pro Jahr, Stand 2025 – diese Werte können sich aber ändern). Diese Summen sind das finanzielle Sicherheitsnetz, falls Sie als Versicherungsmakler einem Kunden Schadenersatz leisten müssen.
• Deckungsumfang: Die Vermögensschadenhaftpflicht deckt rein finanzielle Schäden ab, die aus Ihrer beruflichen Tätigkeit als Makler entstehen – also genau die typischen Haftungsfälle aus Beratungsfehlern, Pflichtverletzungen oder Versäumnissen von Versicherungsvermittlern.
Wichtig: Die Vermögensschadenhaftpflicht deckt keine Sach- oder Personenschäden (dafür gibt es separate Betriebshaftpflichtversicherungen), sondern die Vermögenseinbußen Ihrer Kunden infolge Ihres Fehlers. Im Schadenfall übernimmt die VSH die Prüfung des Anspruchs, die Abwehr unberechtigter Forderungen und die Befriedigung berechtigter Ansprüche bis zur Höhe der Deckungssumme. Auch Anwalts- und Gerichtskosten werden in der Regel von der VSH getragen.
• Retter in der Not: Ohne Vermögensschaden-Haftpflicht könnte ein einzelner Fehler das Aus für Ihr Maklerunternehmen bedeuten – man denke an den Fall mit 500.000 € Forderung wegen fehlender Risikolebensversicherung oder den vom Landgericht Hamburg entschiedenen Sachverhalt mit 5 Mio. Euro Schadensumme. Nur die wenigsten Makler könnten solche Summen aus Eigenmitteln stemmen. Die Vermögensschaden-Haftpflicht sorgt dafür, dass berechtigte Ansprüche Ihrer Kunden erfüllt werden, ohne dass Sie privat ruiniert sind. Gleichzeitig genießen Sie den „Passiven Rechtsschutz“: Ihr Versicherer wehrt unbegründete oder überhöhte Forderungen ab (notfalls vor Gericht), was Ihnen viel Aufwand abnimmt.
• Schadenmeldung und Obliegenheiten: Achten Sie darauf, im Haftungsfall sofort Ihre VSH-Versicherung zu informieren – das ist meist vertraglich vorgeschrieben (Obliegenheit). Unterlassen Sie diese Meldung oder versuchen Sie, auf eigene Faust zu vergleichen, riskieren Sie den Versicherungsschutz. Halten Sie sich also genau an die Bestimmungen: Schadenanzeige erstatten, keine Schuldanerkenntnisse ohne Zustimmung der Versicherung abgeben, und den Weisungen des Versicherers (bzw. dessen Anwälte) folgen.
• Selbstbeteiligungen und Ausschlüsse: Prüfen Sie Ihren VSH-Vertrag auf Selbstbehalte und etwaige Ausschlüsse. Manche Policen schließen z. B. wissentliche Pflichtverletzungen oder bestimmte Beratungssparten (z. B. Kapitalanlagen) aus. Wichtig ist, dass Ihre Deckung zu Ihrem Geschäftsmodell passt. Wenn Sie etwa auch Finanzierungsgeschäfte vermitteln, stellen Sie sicher, dass diese mitversichert sind. Eine regelmäßige Überprüfung des VSH-Vertrags zusammen mit einem Experten schadet nicht.
Fazit Vermögensschadenhaftpflicht für Versicherungsmakler
Die Vermögensschadenhaftpflicht ist Ihr Rückgrat in Sachen Risikomanagement. Die Versicherung ermöglicht es Ihnen als Versicherungsvermittler, auch einmal Fehler zu machen, ohne dass gleich Ihre Existenz bedroht ist. Allerdings will sie gepflegt sein – melden Sie Schäden rechtzeitig und führen Sie ein offenes Wort mit Ihrem Versicherer. In vielen Fällen arbeiten Kanzleien wie Wirth Rechtsanwälte eng mit den VSH-Versicherern zusammen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei im Versicherungs-, Handelsvertreter-, und Vertriebsrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Rechte erfolgreich durchzusetzen. Nehmen Sie Kontakt auf – wir prüfen Ihren Fall und zeigen Ihnen die besten Optionen auf!