Ein Stoppschild vor Bäumen

Wann kann die private Krankentagegeldversicherung die Leistung wegen Berufsunfähigkeit einstellen? 

Eine private Krankentagegeldversicherung dient dazu, das Einkommen eines Versicherungsnehmers während längerer, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zu ersetzen. Sie zahlt ein vereinbartes tägliches Krankentagegeld, sobald die Arbeitsunfähigkeit über einen bestimmten Zeitraum (meist sechs Wochen) hinaus anhält und sich der Versicherungsnehmer weiterhin in medizinischer Behandlung der Krankheit befindet. Ein häufiges Problem tritt jedoch dann auf, wenn sich die Arbeitsunfähigkeit zur Berufsunfähigkeit wandelt. In solchen Fällen kann der Versicherer die Leistung einstellen, da das Krankentagegeld ausschließlich für vorübergehende Krankheitsphasen vorgesehen ist, nicht für dauerhafte Berufsunfähigkeit. 

Obwohl die entsprechenden Klauseln in einer Krankentagegeldversicherung häufig ähnlich wie entsprechende Klauseln in einer Berufsunfähigkeitsversicherung klingen, gibt es ganz wichtige Unterschiede, die beachtet werden müssen.   

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Wann darf die Krankentagegeldversicherung die Zahlung einstellen?

Die private Krankentagegeldversicherung zahlt nur, solange der Versicherte krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, d. h. seine berufliche Tätigkeit vorübergehend nicht ausüben kann. Sobald die Arbeitsunfähigkeit in eine dauerhafte Berufsunfähigkeit übergeht, endet die Leistungspflicht, da das Krankentagegeld den kurzfristigen Einkommensausfall absichern soll, nicht jedoch eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit.

Beispiel: Ein Versicherter erleidet einen Bandscheibenvorfall und fällt über mehrere Monate aus. Nach einem Jahr stellt der behandelnde Arzt fest, dass der Patient dauerhaft nicht mehr in der Lage sein wird, seinen bisherigen Beruf auszuüben. Ab diesem Zeitpunkt liegt eine Berufsunfähigkeit vor, und die Krankentagegeldversicherung kann die Zahlung einstellen. 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Krankentagegeld

In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Juni 2010 (Az.: IV ZR 163/09) wird die Berufsunfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung wie folgt definiert: 

Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.“  

Der BGH betont in seinem Urteil, dass es Aufgabe des Versicherers ist, darzulegen und zu beweisen, dass seine Leistungspflicht zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt wegen Berufsunfähigkeit der versicherten Person geendet hat. 

Zudem stellt der BGH klar, dass für die Prognose der Berufsunfähigkeit entscheidend ist, ob die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besondere Bedeutung kommt daher dem Umstand zu, dass die Prognose („auf nicht absehbare Zeit“) wirklich schlecht sein muss, also nicht mehr zu erwarten ist, dass man wieder so gesund wird, um in seinem Beruf mehr als 50 % arbeiten zu können.  

Diese Rechtsprechung verdeutlicht, dass in der Krankentagegeldversicherung die Leistungspflicht des Versicherers endet, wenn eine dauerhafte Berufsunfähigkeit der versicherten Person festgestellt wird. 

Versicherungsnehmer sollten daher bei längerer Arbeitsunfähigkeit und drohender Berufsunfähigkeit rechtzeitig prüfen, ob der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll ist, um finanzielle Einbußen abzufedern. 

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Nachweis der dauerhaften Berufsunfähigkeit

Die Versicherung darf die Zahlungen einstellen, wenn ein ärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme des Amtsarztes vorliegt, die eine dauerhafte Berufsunfähigkeit bestätigt. Ein solcher Nachweis muss schlüssig darlegen, dass der Versicherte dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit auszuüben. 

Beispiel 1: Ein selbstständiger Handwerker verletzt sich schwer an der Hand. Nach längerer Behandlung bescheinigt ein unabhängiger Gutachter, dass er dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die für seinen Beruf notwendigen feinmotorischen Arbeiten durchzuführen. Die Versicherung stellt daraufhin die Zahlung ein. 

Beispiel 2: Hat der selbstständige Handwerker hingegen eine schwere Depression und ist trotz einer längeren, auch über mehrere Jahre andauernden Arbeitsunfähigkeit eine Besserung zu erwarten, dann liegt keine Berufsunfähigkeit im Sinne der Krankentagegeldbedingungen vor. 

Versetzung in den Ruhestand von Beamten

Bei Beamten endet der Anspruch auf Krankentagegeld, wenn sie wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden. Die Dienstunfähigkeit gilt hier als Berufsunfähigkeit. 

Beispiel: Ein Beamter wird nach einer schweren Herzkrankheit dauerhaft dienstunfähig geschrieben und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Seine Krankentagegeldversicherung stellt daraufhin die Leistung ein, da die Dienstunfähigkeit einer Berufsunfähigkeit gleichkommt. Unterlagen vom Versicherungsnehmer, was den Prozess für Betroffene zusätzlich belastend machen kann. 

Krankentagegeldversicherung – Typische Fallstricke und Probleme

Streit über die Feststellung der Berufsunfähigkeit

Ein häufiges Problem mit der Krankentagegeldversicherung ist der Streit darüber, ob tatsächlich eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Versicherer neigen dazu, möglichst früh eine Berufsunfähigkeit festzustellen, um die Zahlungen einzustellen. Versicherte hingegen argumentieren oft, dass sie lediglich vorübergehend arbeitsunfähig sind. 

Beispiel: Ein Versicherter mit einer psychischen Erkrankung wird über mehrere Monate krankgeschrieben. Der Versicherer fordert ein Gutachten an, das eine Berufsunfähigkeit bescheinigt. Der Versicherte widerspricht und bringt ein eigenes Gutachten ein, das lediglich eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit attestiert. 

Verweis auf eine andere Tätigkeit

In einigen Fällen versuchen Versicherer, die Leistung mit der Begründung einzustellen, dass der Versicherte in der Lage sei, eine andere Tätigkeit auszuüben. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn die Versicherungsbedingungen dies ausdrücklich vorsehen und der Versicherte tatsächlich auf eine gleichwertige Tätigkeit verwiesen werden kann. Häufig ist das aber nicht der Fall und spätestens dann, sollte man sich durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht vertreten lassen. 

Falsche oder unvollständige Angaben bei Vertragsschluss

Wenn die Krankentagegeldversicherung bei einer Leistungsprüfung feststellt, dass der Versicherte bei Vertragsabschluss Vorerkrankungen verschwiegen oder falsche Angaben gemacht hat, kann der Versicherer die Leistung verweigern oder den Vertrag anfechten. 

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Handlungsempfehlungen für Versicherungsnehmer

Schon beim Abschluss der Krankentagegeldversicherung sollten Versicherte alle Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten, um spätere Probleme bei der Leistungsgewährung zu vermeiden. Versicherte sollten zudem alle ärztlichen Atteste und Bescheinigungen über ihre Arbeitsunfähigkeit sorgfältig aufbewahren. Diese Dokumente sind essenziell, um gegenüber der Krankentagegeldversicherung nachzuweisen, dass keine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliegt. 

Da die Krankentagegeldversicherung nur bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit leistet, ist es ratsam, zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Diese zahlt eine monatliche Rente, wenn der Versicherte dauerhaft berufsunfähig wird. 

Bei Streitigkeiten über die Feststellung der Berufsunfähigkeit sollten Versicherte Widerspruch einlegen und ein eigenes ärztliches Gutachten einholen. In vielen Fällen kann eine Klärung mit der Krankentagegeldversicherung bereits außergerichtlich erfolgen. In komplizierten Fällen ist es sinnvoll, einen Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzuzuziehen, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen. 

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Fazit – Leistungseinstellung der Krankentagegeldversicherung

Eine private Krankentagegeldversicherung bietet wichtigen Schutz bei längeren Krankheitsphasen, endet jedoch, wenn eine dauerhafte Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Versicherte sollten sich der Fallstricke bewusst sein und geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen, um langfristig finanziell abgesichert zu sein. Mit einer sorgfältigen Dokumentation, frühzeitigem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung und professioneller Unterstützung im Streitfall können Versicherte ihre Ansprüche besser durchsetzen.  

Wirth Rechtsanwälte stehen an Ihrer Seite, wenn die Krankentagegeldversicherung Leistungen verweigert. Wir prüfen Ihren Fall, beraten Sie zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten und kämpfen für Ihre Ansprüche. Nehmen Sie Kontakt auf!  

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht
Ihr Ansprechpartner rund um alle Pressemeldungen zum Versicherungsrecht: Tobias Strübing