Erfahren Sie in dem Ratgeber der Rechtsanwälte Wirth, was das AVAD Auskunftsverfahren ist.

AVAD-Auskunftsverfahren

(Stand 2019)

VERSICHERER IM RISIKO

Die Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V., kurz AVAD, ist eine der Schufa vergleichbare Institution. Der AVAD dient den beteiligten Versicherungsunternehmen dazu, Informationen über Versicherungsvermittler auszutauschen. Dies betrifft die Aufnahme oder Beendigung der Zusammenarbeit von Unternehmen mit einem Vermittler wie auch Probleme bei Provisionen, Storno oder Straftaten.

Mit dem von uns erstrittenen Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 06. Mai 2009 wurde im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens und anschließend mit ebenfalls von uns erstrittenen Urteil des LG Hamburg vom 04.05.2010 im nachfolgenden Hauptsacheverfahren festgestellt, dass Meldungen an den AVAD, soweit sie sich lediglich auf einen Verdacht beziehen, zu unterlassen sind.

Urteilstext des OLG Hamburg hier als pdf abrufbar (unser Erfolg)!

Urteilstext des LG München hier als pdf abrufbar

Urteilstext des LG Köln hier als pdf abrufbar (unser Erfolg)!

Verfahrensregeln des AVAD

Die Verfahrensregeln des AVAD sehen für die von einem nachteiligen Eintrag betroffenen Vermittler bisher lediglich eine Widerspruchsmöglichkeit mit nachfolgender Sperrung der Eintragung vor und erlauben nicht die Überprüfung des streitigen Sachverhalts. Die Sperrung einer Eintragung ist für alle beteiligten Unternehmen ersichtlich.

Das AVAD-Auskunftsverfahren erlangte eine erhebliche Aufwertung dadurch, dass die Aufsichtsbehörde BaFin mit Rundschreiben 9/2007 und später nochmal mit Rundschreiben 10/2014 und 11/2018 dieses Meldeverfahren als quasi verpflichtend für die Versicherungsunternehmen einsetzte. Dies stieß jeweils auf erhebliche Kritik, u.a. des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW. Insbesondere stellt die dadurch quasi verpflichtende AVAD-Auskunft eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Aufwertung eines privatrechtlichen Vereins dar, der mit der Einrichtung des Versicherungsvermittlerregisters hätte überflüssig werden können. Es wäre also nicht an der BaFin gewesen, hier das AVAD-Auskunftsverfahren verpflichtend zu machen, sondern am Gesetzgeber.

Hinzu kommt, dass der AVAD e.V. nicht der BaFin-Aufsicht unterliegt. Dass eine Aufsicht über das AVAD-Auskunftsverfahren jedoch erforderlich ist, zeigen die hier behandelten und zum Teil durch „Wirth-Rechtsanwälte” erstrittenen Urteile.

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Im “Hamburger” Fall hatte ein Versicherungsunternehmen eine AVAD-Meldung mit dem Inhalt „Verdacht der Urkundenfälschung” vorgenommen. Dies führte unmittelbar dazu, dass mehrere andere Versicherer die Zusammenarbeit mit dem Maklerunternehmen aufkündigten, was für dieses zu erheblichen Einnahmeverlusten führte.

Die Gerichte urteilten nun, dass ein derartiger AVAD-Eintrag nicht zulässig sei und strafbewehrt zu unterlassen ist. Sie vollzogen jeweils eine ausführliche Abwägung zwischen den Interessen der Versicherungs-bzw. Vertriebsunternehmen möglichst frühzeitig vor Risiken der Zusammenarbeit gewarnt zu werden und dem Schutzbedürfnis des Vermittlers vor der Verbreitung negativer Werturteile.

Die Abwägung fiel klar zugunsten des Maklerunternehmens aus, sogar obwohl seitens der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen einen Mitarbeiter betrieben wurde (was mit einem klaren gerichtlichen Freispruch endete). Dies wird seitens der Gerichte insbesondere damit begründet, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen bereits bei den geringsten Verdachtsmomenten stattfinden. Dies jedoch zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit, während der AVAD-Eintrag zu einer breiten Streuung des Verdachts unter den Mitgliedsunternehmen des AVAD und sogar auch darüber hinaus in der ganzen Branche führt.

Urteil des LG Köln

Ähnlich, wie in dem Hamburger Fall war auch der Fall gelagert, welcher später in Köln verhandelt wurde und mit Urteil des LG Köln im Januar 2013 sein Ende fand. In dem Fall hatte ein eigenständiges Versicherungsunternehmen eines großen Versicherungskonzerns einen AVAD-Eintrag mit dem Inhalt „Verdacht der Urkundenfälschung” vorgenommen.

Das Gericht bestätigte einen Unterlassungsanspruch des betroffenen Versicherungsvermittlers gegen das meldende Versicherungsunternehmen aus UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) aus mehreren Gründen.

Erster Streitpunkt: Gemeldet hatte bei der AVAD eine eigenständige Gesellschaft mit der Vermittler keine vertragliche Bindung hatte.

Diese gehörte jedoch zum selben Konzern, wie die Gesellschaft, zu der Vermittler seine vertragliche Bindung hatte. Das Gericht sprach dem meldenden Unternehmen bereits daher die Berechtigung ab, eine derartige Meldung abzugeben. Das Gericht stellte jedoch klar, dass, auch wenn die Meldung im allgemeinen Interesse der Versichertengemeinschaft läge, es nicht Sache der beklagten Versicherungsgesellschaft, sondern der Vertragspartnergesellschaft des betroffenen Vermittlers gewesen wäre zu melden.

Zweiter Streitpunkt: Ist der pauschale und nicht näher begründete AVAD-Eintrag „Verdacht der Urkundenfälschung” zulässig? Das Gericht stellte hierzu fest, dies sei in diesem Fall nicht zulässig.

Bei diesem AVAD-Eintrag handelt es sich um eine eindeutig herabsetzende Behauptung (unabhängig von deren Wahrheitsgehalt), die nur in engen Grenzen zulässig ist.

Diese Grenzen waren hier überschritten. Zum einen sei bei einem derartigen Eintrag völlig offen, welche konkreten Vorwürfe dem Vermittler gemacht werden. Es sei auch nicht erkennbar, ob es sich um einen bloßen Verdacht der Versicherungsgesellschaft handele oder ob ein staatsanwaltliches oder gar gerichtliches Verfahren bereits mit welchem Stand eingeleitet oder abgeschlossen sei.

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Das Gericht vollzog auch hier eine ausführliche Abwägung zwischen den Interessen der Versicherungs- bzw. Vertriebsunternehmen möglichst frühzeitig vor Risiken der Zusammenarbeit gewarnt zu werden und dem Schutzbedürfnis des Vermittlers vor der Verbreitung negativer Behauptungen. Die Abwägung fiel klar zugunsten des Versicherungsvermittlers aus. Die eingetragene Behauptung hätte für ihn weitreichende und schwerwiegende Konsequenzen, erschwere seine weitere Tätigkeit und insbesondere die breite Streuung in der Branche durch den AVAD-Eintrag sei bei einer derart pauschalen Behauptung nicht hinzunehmen.

Das derzeitige AVAD-Verfahren gehört nach unserer Auffassung insgesamt auf den Prüfstand. Die Versicherungsunternehmen sind nach diesen Urteilen gehalten, nur sorgfältig recherchierte und nachweislich zutreffende Meldungen an den AVAD zu leiten. Das betrifft auch die Frage einer angeblich noch ausstehenden Stornoforderung bzw. Provisionsrückforderung. Hierzu hat mit Aktenzeichen 4 HK O 15110/11 das Landgericht München in einer einstweiligen Verfügung vom 19.07.2011 einem Antrag auf einstweilige Verfügung eines Maklers gegen einen Versicherer stattgegeben. Mit Urteil des Landgerichts München I vom 10.11.2011, Az.: 4 HK O 15110/11 wurde diese einstweilige Verfügung klar bestätigt.

Gleichzeitig ist die BaFin unserer Meinung nach gefordert, ihre Haltung zur AVAD zu überdenken und zumindest für eine wirksame Kontrolle unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze zu sorgen. Zumindest eine rechtzeitige Vorabinformation des betroffenen Vermittlers bei einem geplanten negativen Eintrag sollte erfolgen, um die Möglichkeit offenzuhalten, rechtliche Schritte gegen fehlerhafte AVAD-Meldungen vor ihrer Verbreitung einleiten zu können.

Anstrengungen des Vermittlerverbandes AfW dies durchzusetzen, blieben bisher fruchtlos. Die anderen Vermittlerverbände, welche auch Mitglied des AVAD sind, u.a. BVK und BDVM, stimmten zu dem Thema gegen die Vorschläge des AfW und damit unserer Auffassung nach gegen die Vermittlerinteressen. Der Verband AfW bleibt an dem Thema dran. Wir auch.

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht