Erfahren Sie in dem Ratgeber der Rechtsanwälte Wirth, was die Versicherungsvermittlungs-Verordnung ist.

Versicherungsvermittlungs-Verordnung

(Stand   November 2019)

Vertiefende Informationen und ein Muster zum BESCHWERDEMANAGEMENT finden Sie hier.

Am 22. Mai 2007 ist die Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung (Versicherungsvermittlungsverordnung – VersVermV) in Kraft getreten. Dies führte in Verbindung mit dem § 34 d Gewerbeordnung (GewO) zu grundlegenden Rechtsänderungen für Versicherungsvermittler und Versicherungsberater.

Seither brauchen Versicherungsvermittler und Versicherungsberater, die gewerbsmäßig tätig sind, eine Berufserlaubnis und werden in einem elektronischen Register geführt. Dieses Register wird beim DIHK eingerichtet und von den IHKs geführt. Es kann unter der Internetadresse: http://www.vermittlerregister.org eingesehen werden.

Im Zuge der Umsetzung der Vorgaben der IDD in deutsches Recht kam es auch zu erheblichen Änderungen der VersVermV. Diese traten am 20.12.2018 in Kraft. Der nachfolgende Text ist den vorgenommenen Änderungen bereits angepasst.

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Entstehung der VersVermV

Gemäß der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.12.2002 wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Tätigkeiten der Versicherungsvermittler unter eine Erlaubnis zu stellen. In der Richtlinie wurden Vorschriften für die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittlung festgelegt. Die VersVermV ist die Umsetzung dieser Verpflichtung in Deutschland.

Laut der EU-Richtlinie sollen die Vorschriften zur Vollendung des Binnenmarktes der Finanzdienstleistungen und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes auf diesem Gebiet beitragen.

Arten von Versicherungsvermittlern

§ 34 d Abs. 1 GewO unterscheidet zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern. Im § 59 VVG finden sich die Definitionen für diese beiden Begriffe. Danach ist Versicherungsvertreter, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Versicherungsmakler ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Es gibt weiterhin auch Versicherungsberater. Aufgrund der geringen Anzahl und damit sehr geringen Gesamtbedeutung wird hier auf Versicherungsberater nicht weiter eingegangen. Wir vertreten die Auffassung, dass eine Integration der Rechte und Pflichten von Versicherungsberatern in das Berufsbild der Versicherungsmakler äußerst sinnvoll wäre.

Der Versicherungsmakler, der auf der Seite des Kunden steht und damit kundenorientiert arbeiten muss / soll, ist gem. § 59 VVG verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, sodass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt, macht sich der Versicherungsmakler schadensersatzpflichtig, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Dies ist Ausdruck dessen, dass sich der beauftragende Kunde darauf verlassen muss, dass er von dem Versicherungsmakler einen objektiven und tatsächlichen Überblick über die Marktverhältnisse erhält.

Änderungen gegenüber dem alten Recht

Wesentlichste Änderung gegenüber dem alten Recht war 2007 die Einführung einer Berufserlaubnis für die Versicherungsvermittler und Versicherungsberater, die von der zuständigen Industrie- und Handelskammer erteilt wird. Voraussetzung für die Erteilung gem. § 34 d GewO sind

  1. die notwendige Zuverlässigkeit für den Gewerbebetrieb,
  2. geordneten Vermögensverhältnisse
  3. eine Berufshaftpflicht,
  4. Sachkunde, die in einer Prüfung vor einer Industrie- und Handelskammer nachgewiesen werden muss.

zu 1. Zuverlässigkeit

Gem. § 34 d Abs. 5 GewO besitzt die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.

zu 2. geordnete Vermögensverhältnisse

Diese liegen in der Regel nicht vor, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist.

zu 3. VSH

Die Versicherung muss bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen genommen werden. Hierbei beträgt die derzeit Mindestversicherungssumme 1.300.380 Millionen Euro für jeden Versicherungsfall und 1.924.460 Millionen Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres (§ 12 Abs. 2 VersVermV).

Auf Empfehlung der EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen) gelten ab dem 9. Oktober 2024 folgende neue Mindestversicherungssummen für Versicherungsvermittler und -berater:

1.564.610 EUR für jeden Versicherungsfall
2.315.610 EUR für alle Versicherungsfälle eines Jahres

Dies stellt die bislang deutlichste Anpassung bei der gesetzlichen Mindestversicherungssumme dar. Doch trotz der zugleich erheblichen Steigerung des Verbraucherpreisindex im letzten Betrachtungszeitraum um 20,32 % erhöhen einige Versicherer die Verträge von Bestandskunden beitragsfrei auf die neue Mindestversicherungssumme – andere nehmen eine moderate Anpassung der Beiträge vor.

Erfreulicherweise bleiben Versicherungsvermittler und -berater aber von zusätzlichem Verwaltungsaufwand verschont, da die Versicherer eine Globalerklärung abgeben werden. Diese besagt, dass die Versicherungsverträge zum Stichtag die dann geltenden Mindestversicherungssummen aufweisen werden. Somit wird ein erneuter Versicherungsnachweis gegenüber der IHK nicht erforderlich sein.

Wir gehen derzeit davon aus, dass alle Versicherer selbstständig die Verträge anpassen. Vermittler müssen also vermutlich nicht aktiv werden, sondern können nun abwarten, bis ihr Versicherer sie über das geplante Vorgehen informiert. Sollten sie bis Oktober nichts gehört haben, empfehlen wir jedoch eine Nachfrage, um nicht in einen möglichen Verstoß der Pflichtversicherung zu laufen.

zu 4. Sachkunde

Der Vermittler muss über die für die Versicherungsvermittlung notwendige Sachkunde verfügen. Die Sachkunde muss im Rahmen einer Sachkundeprüfung (IHK) nachgewiesen werden.

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Weiterbildung (§ 7 VersVermV)

Seit Inkrafttreten des IDD-Umsetzungsgesetzes und damit auch der Änderungen in der Gewerbeordnung am 23.2.2018 besteht die gesetzliche Pflicht zur regelmäßigen Weiterbildung im Umfang von 15 Stunden pro Jahr – auch für Mitarbeiter/-innen in der Vertragsverwaltung oder Schadenbearbeitung. Ausnahmen oder Befreiungen von der Weiterbildungspflicht sind nicht vorgesehen, wobei es in Härtefällen Ermessensentscheidungen der IHKen geben kann.

Die Weiterbildung kann in Präsenzform, im Selbststudium, durch betriebsinterne Maßnahmen oder in anderer geeigneter Form durchgeführt werden. Nur bei Weiterbildungsmaßnahmen im Selbststudium ist eine nachweisbare Lernerfolgskontrolle erforderlich. Das wird dazu führen, dass innerhalb oder am Ende von internetbasierten Weiterbildungen regelmäßig Kontrollfragen zu beantworten sein werden.

Vermittler haben eine Aufbewahrungspflicht für “Nachweise und Unterlagen” der eigenen Weiterbildung und ihrer zu Weiterbildung verpflichteten Angestellten. Diese Aufbewahrungspflicht auf einem dauerhaften Datenträger „in den Geschäftsräumen” (womit eine cloudbasierte Aufbewahrung wohl nicht möglich sein dürfte) besteht für 5 Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Weiterbildung stattgefunden hat. Auf Anordnung der zuständigen IHK muss ihr gegenüber eine Erklärung nach einem gesetzlichen Muster (Anlage 4 der VersVermV) über die Erfüllung der Weiterbildungspflicht abgegeben werden. Bei Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung kann die IHK fordern, dass ein Nachweis für die Weiterbildungen erbracht wird.

Verstöße gegen die genannten Pflichten werden als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld bis zu 3.000,00 Euro geahndet. Anhaltende Verstöße können auch zum Widerruf der Gewerbeerlaubnis führen

Beschwerdemanagement (§ 17 VersVermV)

Versicherungsvermittler und -berater müssen über Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung verfügen und eine Beschwerdemanagementfunktion einrichten. Das bedeutet, dass für potenzielle Beschwerden klare Strukturen und Arbeitsanweisungen vorgehalten werden müssen. Es muss u.a.

  • ein Beschwerderegister geben,
  • es muss öffentlich geeignet einsehbar sein, wie das Verfahren bei einer Beschwerde ist und wie eine Beschwerde einzureichen ist,
  • der Beschwerdeführer muss eine Bestätigung seiner Eingabe erhalten,
  • er muss über das weitere Verfahren unterrichtet werden,
  • die Beschwerde an die zuständige Stelle weitergeleitet werden (worüber wiederum der Beschwerdeführer unterrichtet werden muss) und
  • die Beschwerde muss umfassend geprüft und dem Beschwerdeführer unverzüglich in verständlicher Sprache geantwortet werden. Soweit es zu Verzögerungen kommt, muss auch hierüber und über die Gründe der Beschwerdeführer informiert werden.

Offen ist noch, ab welcher Betriebsgröße ein solches Beschwerdemanagement vorgehalten werden muss. Hierzu werden der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und das Bundeswirtschaftsministerium voraussichtlich im 1. Quartal 2019 noch klären, ab welcher Betriebsgröße ein Vermittler überhaupt entsprechende interne Prozesse einrichten muss. Klar ist aber, dass alle Vermittler(unternehmen) Beschwerden von Kunden in geeigneter Form zumindest sammeln und beantworten müssen.

Sollte der Kunde wegen einer Streitigkeit eine Schlichtungsstelle anrufen, besteht von nun an die Pflicht der Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren.

Praxistipp: Es sollte ohne Rücksprache mit der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung keine Stellungnahme abgegeben werden, um nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz zu verlieren.

Vertiefende Informationen und ein Muster zum Beschwerdemanagement finden Sie hier.

Grundsätzliche Vermeidung von Interessenkonflikten (§ 14 VersVermV)

Versicherungsvermittler dürfen ihre Beschäftigten nicht derart vergüten oder bewerten, dass damit Anreizen gesetzt werden, die gegen das bestmögliche Interesse der Kunden stehen. Das bedeutet u.a., dass auf den Vertrieb konkreter Produkte abzielende Wettbewerbe, auf produktionsabhängige Staffelvergütungen oder besonders hohe Vergütungen verzichtet werden muss.

Kurz: Ein bestimmtes Produkt darf nicht aus der Motivation einer höheren Vergütung als ein anderes, für den Kunden besseres Produkt mit geringerer Vergütung vermittelt werden.

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Vermeidung und Offenlegung von Interessenkonflikten bei Versicherungsanlageprodukten (§ 18 und 19 VersVermV)

Speziell für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten gelten verschärfte Regelungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Die Einzelheiten hierzu regelt die unmittelbar anzuwendende delegierte Verordnung (EU) 2017/2359 der Kommission vom 21. September 2017 (ABl. L 341 vom 20.12.2017, S. 8), welche seit dem 1.10.2018 europaweit in Kraft ist.

Vergütungen dürfen sich insofern nicht nachteilig auf die Qualität der Vermittlung auswirken. Insbesondere darf durch die Hingabe oder den Erhalt einer Vergütung nicht das bestmögliche Interesse der Kunden beeinträchtigt werden.

Informationspflichten(u.a. nach § 15 VersVermV)

Den Kunden ist beim ersten Geschäftskontakt eine Vielzahl von Informationen zu erteilen. Hierzu verweisen wir auf unser Musterformular für Kundenerstinformation, hier zu finden.

Sanktionen

Verstöß gegen die VersVermV können mit erheblichen Geldbußen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht