Ein Mann informiert sich darüber, was er bei der Kündigung seines Handelsvertretervertrages zu beachten hat

Teil 2: Handelsvertretervertrags – Praxisnahe Umsetzung der Kündigung

In unserem 2. Teil zur Kündigung des Handelsvertretervertrags geht es um praktische Tipps und eine strukturierte Vorgehensweise bei der Kündigung des Vertrags. Eine Kündigung des Handelsvertretervertrags sollte nicht überstürzt erfolgen; eine gute Planung und Vorbereitung helfen, Fehler zu vermeiden und einen sauberen Schlussstrich zu ziehen. Wir geben Empfehlungen zur Kündigungsstrategie, zum Umgang mit dem vertretenen Unternehmen während der Kündigungsphase, zur Übergabe von Kunden und Unterlagen sowie zur Abwicklung der Provisionen und möglichen Verhandlungen mit dem Unternehmen. Diese Ratschläge helfen Versicherungsvertretern, die Kündigung professionell und fair umzusetzen, ohne wichtige Punkte zu übersehen. 

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Planung und Vorbereitung der Kündigung 

Bevor Sie kündigen, sollten Sie zunächst Ihren Vertrag gründlich prüfen. Schauen Sie nach der vereinbarten Kündigungsfrist für den Handelsvertretervertrags, Kündigungsterminen und eventuellen vertraglichen Besonderheiten.

Wichtig ist, den nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt zu kennen, damit Ihre Kündigung wirksam wird. Notieren Sie sich das Datum, zu dem Sie spätestens kündigen müssen, um die Frist einzuhalten. Überlegen Sie auch, warum Sie kündigen und ob Sie wirklich eine ordentliche Kündigung (mit Frist) aussprechen oder ob ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt.

Wenn Sie als Handelsvertreter zum Beispiel wegen gravierender Vertragsverstöße des Unternehmens kündigen möchten (etwa Provisionsbetrug oder vertragswidrige Änderungen), dokumentieren Sie diese Gründe sorgfältig und lassen Sie sich dazu in jedem Fall von einem Rechtsanwalt beraten. In der Regel ist es jedoch sinnvoll, auf eine außerordentliche Kündigung nur zurückzugreifen, wenn die Fortsetzung des Vertrags wirklich untragbar ist (siehe Teil 1 unserer Serie zum Handelsvertretervertrag). Ansonsten planen Sie als Handelsvertreter fristgerecht die ordentliche Kündigung. 
 
Ein weiterer Aspekt der Vorbereitung: Zukunftsplanung. Überlegen Sie, wie es nach der Kündigung des Handelsvertretervertrags weitergehen soll. Haben Sie bereits ein neues Unternehmen, zu dem Sie wechseln? Werden Sie als unabhängiger Makler tätig oder verlassen Sie die Branche? Diese Überlegungen beeinflussen Ihre Kündigungsstrategie.

Beispielsweise: Wenn Sie zu einem Wettbewerber wechseln wollen, prüfen Sie unbedingt, ob in Ihrem Vertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart ist (siehe Teil 3 für Details dazu). Falls ja, könnte es sein, dass Sie für eine gewisse Zeit nach Vertragsende nicht direkt wieder als Versicherungsvermittler in derselben Region arbeiten dürfen. Das muss in Ihre Planung einfließen – eventuell möchten Sie dann mit Ihrem aktuellen Unternehmen verhandeln, ob man auf das Wettbewerbsverbot verzichtet oder es verkürzt (mehr dazu unten). 
 
Tipp: Ziehen Sie frühzeitig einen fachkundigen Kollegen oder einen Rechtsberater hinzu, vor allem wenn größere Provisionsansprüche oder ein Ausgleichsanspruch im Raum stehen. Eine Beratung im Vorfeld kann helfen, Ihre Rechte als Handelsvertreter zu sichern (z. B. die richtige Anspruchserhaltung für den Ausgleich, falls Sie selbst kündigen aus Altersgründen – dazu später mehr). 

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Schritte für die Durchführung der Kündigung 

1. Kündigungsschreiben aufsetzen

Entwerfen Sie als Handelsvertreter ein schriftliches Kündigungsschreiben, in dem Sie klar und knapp die Kündigung erklären. Nennen Sie darin Ihre Vertragsparteien (Ihr Name und Adresse, Name und Adresse des Unternehmens) und idealerweise die Vertragsbezeichnung bzw. Vertragsdatum.

Formulieren Sie unmissverständlich, dass Sie kündigen, und geben Sie an, ob Sie ordentlich zum nächstmöglichen Termin kündigen (unter Einhaltung der Frist, Datum nennen) oder außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund.

Beispiel für ordentliche Kündigung: “Hiermit kündige ich den Handelsvertretervertrag vom 01.05.2018 ordentlich zum 31.12.2025.” Wenn Sie fristlos kündigen, sollten Sie den wichtigen Grund knapp benennen, z.B.: ”… kündige außerordentlich aus wichtigem Grund, da wiederholt Provisionsabrechnungen nicht ausbezahlt wurden.

Achten Sie auf höfliche, aber bestimmte Formulierungen. Drohungen oder unnötige Schärfe sind zu vermeiden – bleiben Sie professionell. 

2. Form und Versand der Kündigung sicherstellen

Wie in Teil 1 unserer Serie zum Handelsvertretervertrag beschrieben, sollte das Kündigungsschreiben handschriftlich unterschrieben und in der vereinbarten Form versandt werden (in aller Regel per Brief). Versenden Sie es rechtzeitig und vorzugsweise als Einschreiben mit Rückschein oder übergeben Sie es persönlich gegen Empfangsbestätigung.

Wichtig ist, dass Sie einen Nachweis über den Zugang haben. Denken Sie daran, eine Original-Vollmacht beizulegen, falls Sie jemand anderen bevollmächtigen, die Kündigung für Sie zu übergeben. Bewahren Sie eine Kopie des Schreibens und den Versandbeleg gut auf.

Tipp: Versenden Sie das Schreiben einige Tage vor Ablauf der Frist, um Puffer für Zustellungsverzögerungen zu haben. 

3. Interne Kommunikation (falls relevant)

Falls Sie als Handelsvertreter Teil eines größeren Vertriebsnetzwerks oder einer Organisation sind, überlegen Sie, wen Sie intern informieren sollten. Oft ist es angebracht, den direkten Ansprechpartner (z.B. Gebietsleiter oder Vertriebschef) kurz telefonisch oder persönlich zu informieren, dass Sie kündigen werden, bevor das offizielle Schreiben eintrifft.

So vermeiden Sie Überraschungen und erhalten sich ein professionelles Verhältnis. Dieses Gespräch kann kurz und sachlich sein – etwa: Sie teilen mit, dass Sie sich entschieden haben, den Vertrag zu beenden, bedanken sich für die Zusammenarbeit und kündigen an, dass das schriftliche Kündigungsschreiben unterwegs ist. Bleiben Sie höflich und vermeiden Sie es, in diesem Moment bereits über Gründe oder zukünftige Pläne im Detail zu sprechen, wenn es nicht nötig ist. Wichtig ist nur, dass die Information vorab kommt, um das Verhältnis nicht unnötig zu belasten. 

4. Übergangsphase und Verhalten bis Vertragsende

Nach Aussprache der Kündigung läuft in der Regel bis zum Vertragsende (Ende der Kündigungsfrist) noch eine Übergangszeit, in der Sie als Handelsvertreter theoretisch weiter für das Unternehmen tätig sind. Klären Sie mit dem Unternehmen, ob und wie Sie in dieser Zeit noch arbeiten sollen. Manche Unternehmen stellen Handelsvertreter nach Kündigung sofort frei (sie müssen also nicht mehr aktiv neue Geschäfte tätigen), andere erwarten bis zum letzten Tag Engagement.

Klären Sie auch praktische Dinge: Werden Neugeschäftsanträge noch angenommen? Wie soll mit laufenden Kundenterminen umgegangen werden? Es ist in Ihrem Interesse, hier proaktiv auf das Unternehmen zuzugehen und Vorschläge zu machen, wie man die restliche Zeit gestaltet. Zeigen Sie Bereitschaft, noch ordentlich mitzuarbeiten, soweit zumutbar. Das bewahrt Ihren Ruf und kann auch Auswirkungen auf offene Provisionsabrechnungen haben (eine Weigerung zu arbeiten könnte als Vertragsbruch gewertet werden.

Sollte das Vertrauensverhältnis jedoch gestört sein, kann es sein, dass der Unternehmer Sie freistellt – d.h. Sie müssen als Handelsvertreter nicht mehr arbeiten, erhalten aber bis Vertragsende ggf. noch fixe Bezüge oder Ihren Provisionsanspruch auf bestehende Geschäfte. Die Details hängen vom Vertrag ab. 

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5. Kundenübergabe planen

Ein sehr wichtiger praktischer Punkt im Rahmen der Kündigung des Handelsvertretervertrags ist der Umgang mit den Kunden. Als Versicherungsvertreter haben Sie meist einen Kundenstamm betreut. Nach Ihrer Kündigung müssen diese Kunden weiter betreut werden – entweder durch einen Nachfolger von Seiten des Unternehmens oder gar nicht, wenn z.B. das Gebiet aufgegeben wird.

Es ist guter Stil und im Sinne der Kunden, eine geordnete Kundenübergabe zu unterstützen. Besprechen Sie mit Ihrem bisherigen Unternehmen, wie die Kunden informiert werden. In vielen Fällen verschickt das Unternehmen ein Schreiben an die Kunden, dass Sie ausscheiden und künftig Herr/Frau XYZ die Betreuung übernimmt. Sie können anbieten, Ihre Kunden persönlich zu informieren – aber Vorsicht: Hier kommt es auf die Situation an.

Wenn Sie zu einem Wettbewerber wechseln und kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot haben, könnten Sie natürlich die Gelegenheit nutzen, den Kunden Ihre neuen Kontaktdaten mitzuteilen. Allerdings müssen Sie darauf achten, keine Vertragsverletzung zu begehen: Während der laufenden Vertragszeit ist aktives Abwerben von Kunden für einen anderen Anbieter in aller Regel unzulässig (Wettbewerbsverbot während des Vertrags).

Nach Vertragsende hingegen – sofern kein vertragliches Wettbewerbsverbot besteht – steht es Ihnen frei, Kunden anzusprechen. In der Übergangszeit sollten Sie daher sauber bleiben. Am besten koordinieren Sie mit dem Unternehmen, wer die Kunden informiert, um Doppelungen oder Widersprüche zu vermeiden. Kundenakten und Unterlagen sollten Sie geordnet übergeben. Machen Sie sich ggf. Kopien von für Sie wichtigen Informationen (z.B. Provisionsabrechnungen, Kundenlisten für die eigene Übersicht), aber beachten Sie Datenschutz und vertragliche Vereinbarungen: Kundendaten gehören i.d.R. dem Unternehmen, nicht Ihnen privat. 

6. Provisionsabrechnung klären

Während und nach der Kündigung ist es essentiell, sich um offene Provisionsansprüche zu kümmern. Überprüfen Sie als Handelsvertreter laufend Ihre Provisionsabrechnungen. Alle Provisionen, die bis zum Ende Ihrer Vertragslaufzeit verdient wurden, stehen Ihnen zu. Häufig gibt es sogenannte Überhang- oder Abschlussprovisionen für Geschäfte, die zwar eingeleitet oder angebahnt wurden, aber erst nach Ihrem Ausscheiden zum Abschluss kommen.

Laut Gesetz (§ 87 Abs. 3 HGB) behalten Sie auch nach Vertragsende Anspruch auf Provision für Geschäfte, die während der Vertragslaufzeit abgeschlossen wurden. Wird ein Geschäft erst nach Vertragsende abgeschlossen, haben Sie ebenfalls Anspruch, wenn es überwiegend auf Ihre Tätigkeit zurückzuführen ist und in angemessener Frist nach Vertragsende zustande kommt.

Das bedeutet: Haben Sie z. B. kurz vor Ihrem Weggang einem Kunden ein Angebot erstellt und dieser unterschreibt den Vertrag erst einen Monat nach Ihrem Ausscheiden, muss das Unternehmen Ihnen dennoch die Provision zahlen – denn ohne Ihre Vorarbeit wäre das Geschäft nicht zustande gekommen. Diese sogenannten Überhangprovisionen können vertraglich nicht einfach ausgeschlossen werden, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

In der Praxis versuchen manche Unternehmen, über Vertragsklauseln die Zahlung von Bestands- oder Folgeprovisionen nach Vertragsende zu beschränken. Solche Klauseln sind aber oft unwirksam oder zumindest eingeschränkt zu betrachten (siehe Teil 3 für Details zu Provisionsregelungen nach Kündigung). Tipp: Listen Sie am Ende Ihrer Tätigkeit alle relevanten Abschlüsse und Anbahnungen auf und teilen Sie dem Unternehmen mit, dass Sie hierfür gegebenenfalls noch Provision erwarten. Fordern Sie eine abschließende Provisionsabrechnung ein, in der alle bis zum Vertragsende verdienten Provisionen aufgeführt sind.

Falls Vorschuss- oder Stornoreserve-Konten existieren (gerade in Versicherungsverträgen üblich), klären Sie, wann eine Endabrechnung erfolgt und ob Sie ggf. Rückzahlungen leisten müssen (etwa für stornierte Verträge, für die Sie Vorschussprovisionen erhalten hatten). 

7. Verhandlungen und Aufhebungsvertrag

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, mit dem Unternehmen über die Beendigung des Vertrags zu verhandeln statt nur einseitig zu kündigen. Ein Aufhebungsvertrag (einvernehmliche Vertragsaufhebung) kann z.B. dann vorteilhaft sein, wenn beide Seiten schneller Klarheit wünschen oder bestimmte Punkte geregelt werden sollen. Vielleicht möchten Sie als Handelsvertreter vorzeitig aus dem Vertrag ausscheiden, bevor die Kündigungsfrist endet – das geht nur, wenn das Unternehmen zustimmt (sonst wären Sie vertragsbrüchig).

Oder das Unternehmen möchte, dass Sie früher gehen, und bietet dafür Kompensation. In einem Aufhebungsvertrag kann man flexibel einiges regeln: den Beendigungszeitpunkt, eine Abfindung oder die Zahlung offener Provisionen, den Verzicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, die Übergabe von Arbeitsmitteln (z.B. Leih-Laptop, Firmenwagen) und Ähnliches.

Wichtig: Alle gegenseitigen Ansprüche sollten in einem Aufhebungsvertrag möglichst abschließend geklärt werden. Dazu gehören insbesondere Provisionen (inkl. etwaiger Boni, Bestandsprovisionen) und der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Es empfiehlt sich, in den Vertrag reinzuschreiben, dass mit Erfüllung des Aufhebungsvertrags alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis abgegolten sind – außer natürlich solche, die man bewusst ausnimmt. So vermeiden beide Seiten spätere Streitigkeiten über noch offene Zahlungen.

Beachten Sie aber: Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Ausgleichsanspruchs im Voraus ist unwirksam, wenn der Aufhebungsvertrag nicht wirklich erst nach Vertragsende geschlossen wird . Lassen Sie sich im Zweifel auch bei einem Aufhebungsvertrag juristisch beraten oder wenigstens einen Entwurf vorab prüfen. 

Fazit: Praktische Kündigung des Handelsvertretervertrags

Eine gut geplante Kündigung des Handelsvertretervertrags läuft in geordneten Bahnen ab. Kommunizieren Sie offen und fair mit Ihrem bisherigen Unternehmen, erfüllen Sie Ihre Pflichten bis zum Ende bestmöglich und regeln Sie alle offenen Punkte (Kunden, Provisionen, Übergaben) sauber. So hinterlassen Sie einen professionellen Eindruck und sichern sich gleichzeitig Ihre finanziellen Ansprüche. In Teil 3 unserer Serie zum Handelsvertretervertrag werfen wir abschließend einen Blick auf die finanziellen Folgen der Kündigung und wichtige nachvertragliche Regelungen wie den Ausgleichsanspruch und Wettbewerbsverbote. 

Sie haben Fragen zur Kündigung des Handelsvertretervertrags? Kontaktieren Sie uns – unsere erfahrenen Fachanwälte für das Handelsvertreterrecht helfen Ihnen gern weiter!

Tobias Strübing

Fachanwalt für Versicherungsrecht
Ihr Ansprechpartner rund um alle Pressemeldungen zum Versicherungsrecht: Tobias Strübing